Der Durchbruch zum Leistungssport
Immer größer wird der Kreis junger Leute, die zur Schützengesellschaft stoßen.
Breiten Schichten wird klar, daß das Schießen jene Bedeutung verloren hat, in der wenig aufgeschlossene Bürger noch immer einen Grund zur skeptischen Begegnung mit dem Schützentum erblickten.
Selbst das Sportgewehr eines Weltmeisters hat keine Chance, sich im militärischen Wettstreit behaupten zu können.
Ehrenhändel, ausgetragen mit einer Schußwaffe, kennt man nicht mehr.
Der Umgang mit Gewehr oder Pistole im sportlichen Wettkampf hat ganz andere Ziele: den Körper mit all seinen Organen, Muskeln, Nerven, Augen zu stählen, zur Ruhe und Konzentration zu zwingen.
Sich seiner Aufgabe hinzugeben, bis sie gelöst ist; das Ziel getroffen ist.
Es zeichnet sich ein Wandel ab, der zunächst insbesondere einigen älteren Mitgliedern unverständlich ist.
Aus dem Städtchen Bergedorf von gestern entsteht in wenigen Jahren eine Großstadt von fast 100.000 Menschen mit Interessen, die eine Industriegesellschaft völlig verwandelt hat.
Immer weniger Neu-Schützen sind für die rein traditionellen Seiten des früheren Schützenwesens zu gewinnen.
Im gleichen Verhältnis läßt auch das Interesse der Bevölkerung an öffentlichen Festen allgemein und in Großstädten im besonderen nach.
Schausteller und Zeltwirte klagen über zu geringen Besuch und kommen nicht mehr auf ihre Kosten.
Auf engsten Kontakt mit der Bergedorf-Lohbrügger Bevölkerung legte die Schützengesellschaft von jeher größten Wert.
Jedermann sollte teilhaben an ihren Festen, und der Zuspruch war groß.
Nach der Sanierung Alt-Bergedorfs und der Verlagerung dieses Wohngebietes nach Nord-Lohbrügge scheint das Bergedorfer Gehölz für manche zu entlegen und der Weg zu weit.
Festlichkeiten müssen heute im Kern der bevölkerten Stadtteile abgehalten werden, um überhaupt noch eine gewisse Resonanz zu finden.
Die Massenmedien haben den Menschen verwandelt.
Aus all diesen Gründen muß der Vorstand Konsequenzen ziehen und sich den veränderten Verhältnissen der Großstadt anpassen.
Es gilt in immer stärkeren Maße, die Tradition mit modernem, sportlichen Geist zu vereinen.
Ein alter Plan, das 1937 eingeweihte Schützenhaus zu renovieren, zu erweitern und stärker auf das sportliche Schießen auszurichten, wurde 1966 in Angriff genommen.
Nach mehreren Bauabschnitten mit einem Kostenaufwand von DM 180.000,-, der zum Teil aus Spenden und rund 2.500 freiwilligen Arbeitsstunden gedeckt wurde, konnte das Werk zunächst beendet werden.
Heute sind mehr Mitglieder als je zuvor in den vergangenen 125 Jahren in der Bergedorfer Schützengesellschaft vereint.
Neben einer starken Jugendabteilung finden in jüngster Zeit immer mehr Damen Interesse am sportlichen Schießen.
H.-J. Meyer-Bosse