Bergedorfer Schützengesellschaft
        von  1848 e.V.


Das Wander-Wettschießen von 1863

1863 fand in Bergedorf das dritte Norddeutsche Wander-Wettschießen statt

Vom 23. bis 26. August 1863 wurden in Bergedorf die großen Festtage des 3. norddeutschen Wander-Wettschießens durchgeführt.
Auf der Lithographie von J. F. Fritz zeigt das große Bild den Festzug durch die Holstenstraße ziehend, darunter links das Jägerhaus am Eingang zum Schießtal (heute: "Forsthaus" Reinbeker Weg 77), in der Mitte der Festplatz auf dem Pfingstberg, und rechts sieht man das Stammhaus der Schützengesellschaft "Portici", Ecke Neuer Weg und Rektor-Ritter-Straße. "Portici" wurde kurz vorm zweiten Weltkrieg abgebrochen, um Platz für die neue Wohnbebauung im sog. "Italienische Viertel" zu geben.
Das Hauptbild gibt uns einen guten Eindruck vom damaligen Bergedorf zwischen Kornwassermühle und Kirche. Der Zeichner muß aus einem der oberen Fenster des Gasthofes "Stadt Lübeck" gesehen haben. Heute wäre sein Standpunkt die Fußgängerinsel beim Eingang zur Vierlandenstraße. Vom Bahnhof kommend bewegt sich der Festzug der Schützen durch die Holstenstraße und dann Große Straße - Sachsenstraße (heute Fußgängerstraße Sachsentor) zum Schießtal am Reinbeker Weg. Dort, wo sich heute das Billtalstadion befindet, lag früher im Wald das Schießtal. Fahnen des Deutschen Bundes und auswärtiger Länder schmücken die Häuser zu Ehren des Festgäste; viele Menschen sehen sich den Festzug an.
Vor der staatlichen Kornwassermühle, die zu der Zeit erst ein einziges Obergeschoß hat, stehen zwei Müllergesellen. 1869 erhielt die Mühle ihr zweites Obergeschoß. Auf dem breiten Weg vor der Mühle ist noch das Abfischgitter für Treibsel zu erkennen, das sich heute auf der gegenüberliegenden Straßenseite beim "Hasse-Haus" befindet.
Das zweite Fachwerkhaus von links ist der sog. "Beichtstuhl" (heute Arko-Kaffee); das Gebäude wurde bereits 1662 als Brau- und Kornbrennerei erwähnt. Gegenüber auf der anderen Seite der hier nur fünf Meter breiten Holstenstraße ist der Uhrmacherladen von Kessel. Weiter rechts ist hinter den Bäumen das "Hasse-Haus" und die St. Petri- und Pauli-Kirche zu erkennen.
Zwischen Kessel-Haus und dem "Hasse-Haus" befindet sich die Pferdetränke und der Waschplatz. Diese Partie ist auf dem Stahlstich von E. v. Bresler (um 1840) besser zu erkennen.
Die Holstenstraße war damals die einzige Verbindung, um vom Städtchen Bergedorf zum Bahnhof zu gelangen, und auch der einzige Weg für alle Fuhrwerke von Hamburg nach Bergedorf, Geesthacht, Lauenburg und Berlin. 1892 hat man dann, um die Straße zu verbreitern, die Gebäude auf der Nordseite der Holstenstraße abgerissen und die Anlage mit dem Blick aufs Schloß geschaffen.
Der Zeichner hoffte seine Lithographie gut zu verkaufen und hat deshalb die Namen der teilnehmenden Vereine gut lesbar gezeichnet. Für uns ergibt sich damit die Möglichkeit festzustellen, woher die Gäste zum Bergedorfer Schützenfest kamen.
Allein 18 Fahnen und Banner hat der Zeichner festgehalten. Dem Zug voran marschieren die Bergedorfer Turner. Vor den nun folgenden Schützenvereinen werden die Fahne des Norddeutschen Bundes (schwarz-weiß-rot) und die Fahne der Sehnsucht aller Deutschen nach Einheit (schwarz-rot-gold) dem Zug vorangetragen.
Von den zum Nord-Deutschen-Schützen-Verein zusammengeschlossenen Vereinen sind folgende Abteilungen mit Fahnen und Bannern vertreten: Berlin, Buxtehude, Pinneberg, Altona, Kiel, Elmshorn, Lübeck und die Hamburger Schützengesellschaft! Am Ende des Zuges sind weitere Vereinsfahnen zu erkennen, doch die Aufschrift ist nicht mehr lesbar.
Der auswärtige Graveur J. Krause schuf für dieses große Fest ein 31 mm große Erinnerungsmedaille, die mit Öse 13 Gramm wog. Sie war mit einem 15 mm breiten schwarz-rot-goldenen Band versehen. Auf der Vorderseite trug sie zwischen zwei Eichenzweigen den Text "Nord-Deutscher-Schützen-Verein" und auf der Rückseite "Drittes Wander Wett-Schießen in Bergedorf am 23. - 26. August 1863". Ob er viele Medaillen verkauft hat, ist leider nicht bekannt.
Damals wie heute fanden Feste in der Stadt mit großer Beteiligung der Bevölkerung statt. Die großen Schützenfeste und ihre Umzüge Ende August jeden Jahres waren Teil des lebendigen Stadtbildes.
Gerd Hoffmann